Was ist Sekundärregelleistung (SRL)/ automatic Frequency Restoration Reserves (aFRR)?
Definition
Inhaltsverzeichnis
- Wie unterscheidet sich die Sekundärregelleistung von der Primär- und Minutenregelleistung?
- Wie und wann wird die Sekundärreserve aktiviert?
- Auktion der Sekundärregelleistung
- Wie gestaltet sich der Leistungs- und Arbeitspreis in der SRL?
- Was ist der Leistungspreis?
- Was ist der Arbeitspreis?
- Was kostet die Sekundärregelleistung?
Wie unterscheidet sich die Sekundärregelleistung von der Primär- und Minutenregelleistung?
Im Gegensatz zur Primärreserve wird die Sekundärreserve nicht gemeinsam im europäischen Verbund bereitgestellt, sondern separat von jedem der vier Übertragungsnetzbetreiber (Abkürzung: ÜNB). Diese sind allerdings zum gegenseitigen Austausch von aktuellen Informationen zur jeweiligen Netzsituation in ihren Bereichen verpflichtet, um ein koordiniertes Zusammenwirken gegen Netzschwankungen zu ermöglichen. Würden die vier ÜNB den Netzschwankungen nicht koordiniert entgegenwirken, käme es in Fällen, in denen in einem Übertragungsnetz eine Unterfrequenz vorhanden ist, während in einem anderen Übertragungsnetz zu viel Strom in den Leitungen ist, zu einem ineffizienten Gegeneinanderregeln zwischen den Übertragungsnetzen. In dem einen Netz würde über die Sekundär- oder Minutenreserve mehr Strom abgerufen werden, während im anderen Netz die Produktion heruntergeregelt werden müsste. Durch die Koordinierung der Netzbetreiber und die sogenannte „Ausregelung" über die Grenzen der einzelnen Übertragungsnetze hinweg können die Schwankungen jedoch glücklicherweise viel effizienter ausgeglichen werden.
Sekundärreserve wird bisher zumeist von gut regelbaren und vollautomatisch schaltbaren Kraftwerken, wie z.B. Pumpspeicherkraftwerken oder Gasturbinen, bereitgestellt. Seit einigen Jahren tragen allerdings auch Virtuelle Kraftwerke aus Biogasanlagen oder BHKWs Sekundärregelleistung zur Netzstabilität bei. Bei Netzschwankungen, die länger als 15 Minuten andauern, wird die Sekundärreserve von der Minutenreserve abgelöst.
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Wie und wann wird die Sekundärreserve aktiviert?

Die Sekundärreserve muss von den Übertragungsnetzbetreibern innerhalb von 5 Minuten bereitgestellt werden, um die Primärreserve bei Netzschwankungen abzulösen. Die bereitgestellte Leistung muss dann für 15 Minuten zur Verfügung stehen. Alle teilnehmenden Anbieter sind in der Sekundärreserve über eine Kommunikationsverbindung mit der Leitwarte des jeweiligen Übertragungsnetzbetreibers verbunden und tauschen Daten in Echtzeit aus. Jeder ÜNB betreibt einen eigenen Leistungsfrequenzregler, der einen Sekundärreserveabruf vollautomatisiert auf die bezuschlagten Anbieter verteilt. Wie in der Primärreserve müssen potentielle Anbieter von Sekundärreserve einen Rahmenvertrag mit dem jeweiligen Übertragungsnetzbetreiber schließen, nachdem sie einen Präqualifikationsprozess durchlaufen haben.
In der Sekundärreserve lag die Mindestangebotshöhe für jeden einzelnen Teilnehmer bei fünf Megawatt - seit dem 12. Juli 2018 liegt sie bei bis zu einem Megawatt. Diese reduzierte Abgabemenge - nur 1 MW, 2 MW, 3 MW oder 4 MW möglich - ist nach Vorgaben der ausschreibenden ÜNB unter der Bedingung zulässig, dass der Anbieter des SRL-Produkts nur ein negatives oder positives Angebot je Produktzeitscheibe in der entsprechenden Regelzone einreicht. Für die Teilnahme an der Sekundärreserve ist es notwendig, dass die gesamte Angebotsleistung eines Teilnehmers innerhalb von fünf Minuten vollständig aktiviert werden kann. Zusätzlich muss eine Reaktion von der abgerufenen Leistung bereits 30 Sekunden nach einer Aktivierung zu erkennen sein.
Auktion der Sekundärregelleistung
Die Auktion der Sekundärreserve findet seit dem 12. Juli 2018 kalendertäglich statt und wird über die gemeinsame Internetplattform der ÜNB ausgetragen. Die Auktionsteilnehmer müssen hierbei nicht nur die Höhe des Gebotes abgeben, sondern auch definieren, ob es sich um negative oder positive Regelleistung handelt, da diese separat voneinander ausgeschrieben und auch separat erbracht werden.
Ebenfalls seit dem 12. Juli 2018 abgelöst ist das alte System mit nur zwei HT (Hauptzeit)- und NT (Nebenzeit)-Zeitscheiben: Nun wird SRL analog zur Minutenreserveleistung in 4-Stunden-Blöcken, also in sechs Blöcken pro Tag, am Regelenergiemarkt gehandelt. Die erste kalendertägliche Auktion fand am Mittwoch, den 11. Juli 2018 für den folgenden Donnerstag statt.
Wie gestaltet sich der Leistungs- und Arbeitspreis in der SRL?
Da sich die Vergütung der Sekundärreserve in Leistungspreis und Arbeitspreis aufteilt, müssen beide Preise bei der Gebotsabgabe angegeben werden. Der Leistungspreis, gehandelt im Regelleistungsmarkt, gibt hierbei einen Festpreis an, den der jeweilige Teilnehmer für die Bereitstellung von SRL erhält. Der Arbeitspreis umschreibt die Vergütung für die später, während des Angebotszeitraums, tatsächlich erbrachte Arbeit. Der Regelarbeitsmarkt ist seit November 2020 verantwortlich für den Handel der Arbeitsenergie - also der abgerufenen Energie durch die ÜNB. Mit diesem geänderten Marktdesign ist der Regelarbeitsmarkt nun vollständig unabhängig vom Regelleistungsmarkt. Relevant für die Bezuschlagung der einzelnen Gebote ist weiterhin die Höhe des Leistungs- oder Arbeitspreises. Die Bedarfe an SRL passen die Übertragungsnetzbetreiber quartalsweise an.

Dargestellt sind die jährlichen Energiemengen, die in den jeweiligen Regelenergieprodukten seit 2008 ausgeschrieben wurde. Der Trend zeigt eine sinkende Tendenz des Gesamtvolumens an Regelenergie. Dies ist hauptsächlich auf die Reduzierung der ausgeschriebenen MRL zurückzuführen.
Was ist der Leistungspreis?
Betreiber von flexiblen Anlagen der Stromerzeugung, Stromspeicherung oder des Stromverbrauchs erhalten für die Bereitschaft, im Fall der Fälle den Einsatz ihrer Anlagen zur Lieferung von Sekundärreserve anzupassen, einen Leistungspreis. Der Leistungspreis ist also eine Bereitschaftsvergütung für die Vorhaltung von flexibler Leistung. Er wird in einem Pay-as-Bid-Verfahren bestimmt. Das bedeutet, dass jeder Anbieter die Höhe seines eigenen Leistungspreises entsprechend seinen Kosten der Bereitstellung selbst bestimmen kann.
Nach Ablauf der Ausschreibung sortieren die ÜNB alle Gebote anhand der gebotenen Leistungspreise in einer Merit-Order-Liste (MOL) vom niedrigsten zum höchsten Gebot an. Anschließend werden die niedrigsten Leistungspreise zuerst bezuschlagt, dann kommen die teureren Leistungspreisgebote zum Zuge bis der erforderliche Bedarf gedeckt ist.
Die Leistungspreise schwanken enorm in Abhängigkeit von Marktentwicklungen und saisonalen Gegebenheiten. Bis 2020 war insgesamt ein sinkender Trend der durchschnittlichen Leistungspreise zu erkennen. Ein Grund hierfür war unter anderem, dass durch Senkungen der Eintrittshürde in den Regelenergiemarkt auf 5 MW und seit dem 12. Juli 2018 auf 1 MW mittlerweile wesentlich mehr Teilnehmer am Regelenergiemarkt agieren und das Gesamtangebot an Regelenergie gestiegen ist. Mit den gesunkenen Kosten der Regelenergiebereitstellung ging auch eine Senkung der Netzentgelte einher. Seit 2021 ist aber wieder ein deutlicher Anstieg der Leistungspreise zu beobachten, was vor allem mit den stark gestiegenen CO2 - und Gaspreisen zusammenhängt. Mit dem Ausstieg aus Atomkraft und Kohle sind weitere Preissteigerungen auf dem Regelenergiemarkt zu erwarten.
Was ist der Arbeitspreis?
Sobald ein Regelenergiepool oder eine Anlage aus der Merit-Order-Liste für den Bereitstellungspool bezuschlagt wurde, entscheiden allein die gebotenen Arbeitspreise über den tatsächlichen Abruf der Anlagen. Diese werden ebenfalls wie die Leistungspreise über ein Pay-as-Bid-Verfahren bestimmt, sodass jeder Anbieter seinen eigenen Arbeitspreis festlegen kann. Durch die Einführung des Regelarbeitsmarktes für SRL und MRL erfolgen die Auktionen für die Erbringung von Regelarbeit seit November 2020 unabhängig von den abgegebenen Regelleistungsangeboten. Die Teilnahme an der Arbeitspreisauktion ist jetzt auch dann möglich, wenn kein Zuschlag des Leistungspreises in der Leistungspreisauktion zustande kommt. Stehen kurzfristige Flexibilitäten bereit, können diese über free bids bis zur Beendigung der jeweiligen Regelarbeitsmarktauktionen (Gate-Closure-Zeit) eingestellt oder verändert werden. Die Arbeitspreisgebote werden dann wieder in einer Merit-Order-Liste vom niedrigsten zum höchsten Gebot angeordnet und beginnend mit dem niedrigsten Preis je nach Bedarf an Sekundärreserve abgerufen. Bei einem Abruf erhält der Anbieter dann den Arbeitspreis, den er geboten hat.
Über das beschriebene Pay-as-Bid-Auktionsverfahren wird gewährleistet, dass die Vorhaltung und Erbringung von Sekundärreserve für die ÜNB so günstig wie möglich bleibt, da kostengünstige Anlagen im Abruffall dank der Merit-Order-Liste bevorzugt abgerufen werden. Das bedeutet aber auch, dass die Anlagen mit den teuersten Arbeitspreisen, die in der Merit-Order-Liste weit hinten stehen, selten abgerufen werden, und daher häufig nicht in die Kosten von Regelenergieabrufen einfließen.

Was kostet die Sekundärregelleistung?
Die Sekundärreserve hatte lange Zeit den größten Anteil an den Regelenergiekosten. Doch dieser sank in den letzten Jahren kontinuierlich, bis 2017 die Kosten der Vorhaltung der Primärregelleistung die Kosten der Vorhaltung der SRL überstiegen.
Wie in der Grafik ersichtlich, sind die Kosten aller Regelenergiearten (PRL, SRL, MRL) in Summe gesunken. Dies liegt insbesondere an den gesunkenen Kosten der Vorhaltung der SRL.
