Regelenergie ist wichtig, um die Netzstabilität im deutschen Übertragungsnetz zu gewährleisten und um somit Stromausfällen vorzubeugen. Aber was ist sie wert? Um dies jeden Tag erneut bestimmen zu können, haben die vier deutschen Übertragungsnetzbetreiber eine Plattform zur Ausschreibung von Regelenergie geschaffen – den Regelenergiemarkt.
Dort schreiben sie täglich bzw. wöchentlich die Menge an benötigter Regelenergie in allen drei Marktsegmenten (Primärreserve, Sekundärreserve, Minutenreserve) aus, jeweils für positive und negative Regelenergie. Wie viel Regelenergie überhaupt benötigt und ausgeschrieben wird, bestimmen die Übertragungsnetzbetreiber vierteljährlich auf Grundlage der nachgefragten Regelenergie in der Vergangenheit. Alle Anbieter von Regelenergie, die das Präqualifikationsverfahren – also das Prüf- und Zulassungsverfahren der Übertragungsnetzbetreiber – erfolgreich absolviert haben, können anschließend ihre Gebote für die ausgeschriebene Menge an Regelenergie im jeweiligen Segment abgeben.
Am Regelenergiemarkt wird hinsichtlich der Vergütung zwischen Vorhaltung und Erbringung von Regelenergie unterschieden. Alle präqualifizierten Anbieter geben ihre Gebote für die Vorhaltung ihrer Reservekapazität (Leistungspreis) sowie ein zusätzliches Gebot für die Vergütung der tatsächlichen Erbringung (Arbeitspreis) ab. Beginnend mit dem niedrigsten Leistungspreis bekommen alle Gebote einen Zuschlag, bis die ausgeschriebene Menge erreicht ist. Im zweiten Schritt werden alle bezuschlagten Gebote aufsteigend nach den Arbeitspreisen in eine Merit-Order gebracht und im Bedarfsfall abgerufen. Eine Besonderheit am Regelenergiemarkt ist das Pay-as-bid-Verfahren, das den Regelenergiemarkt vom Spotmarkt der EEX unterscheidet. Während auf dem Spotmarkt alle Gebote mit dem Markträumungspreis vergütet werden, werden die Gebote auf dem Regelenergiemarkt nur mit dem tatsächlich gebotenenen Preisen vergütet. Jeder Marktteilnehmer wird bezahlt (pay) wie er geboten hat (as bid).
In den letzten Jahren wurde der Regelenergiemarkt sukzessive liberalisiert und der Wettbewerb gestärkt. Mittlerweile sind 36 Unternehmen für die Minutenreserve und 20 Unternehmen für die Sekundärreserve präqualifiziert. Dennoch gibt es immer noch einzelne Akteure – insbesondere solche mit einem großen Portfolio an flexiblen Kraftwerkskapazitäten – welche die Preisbildung stark beeinflussen können. Diese sind auch zum Teil für die starke Preisvolatilität des Marktes verantwortlich.
In den letzten Jahren sind verstärkt auch virtuelle Kraftwerke wie unser Next Pool mit Anlagen der Erneuerbaren Energien am Regelenergiemarkt tätig. Welche Auswirkungen dieser Schritt auf den Regelenergiemarkt hat, lesen Sie demnächst in einem weiteren Blog-Eintrag...
Seit dem 16. Oktober 2018 entscheiden der Leistungspreis und der Arbeitspreis gekoppelt über den Zuschlag für ein Gebot für die Vorhaltung von Regelleistung. In welcher Höhe der Arbeitspreis berücksichtigt wird, bestimmt ein Gewichtungsfaktor, der laut Bundesnetzagentur (BNetzA) auf der "durchschnittlichen Aktivierungswahrscheinlichkeit von Geboten der jeweiligen Regelenergieart" basiert. Die Folgen dieses sogenannten "Mischpreisverfahrens" sind umstritten, wie wir auch in unseren Blogbeiträgen "Für eine Handvoll Dollar: High Noon am Regelenergiemarkt" und "Der grüne Sündenbock" dokumentiert haben.