Auf in die Praxis – lesen Sie den zweiten Teil unserer Blogserie zum Thema Lastmanagement & Regelenergie.
Im ersten Teil der Blogserie haben wir uns die Vermarktung von Regelenergie durch Verbrauchsprozesse auf dem Reißbrett angeschaut und Anforderungen und Eigenschaften miteinander abgeglichen. Wir mussten feststellen, dass Einzelfallanalysen bei Lastmanagement und Regelenergie unumgänglich sind. Genau das möchten wir im Folgenden anhand eines Praxisbeispiels tun. Anhand eines exemplarischen Lastgangs einer Weizenmühle und eines typischen Regelenergieabrufes möchten wir praxisnah zeigen, welche Möglichkeiten sich für den Betreiber ergeben könnten. Wir möchten exemplarisch durchspielen, wo und wie der Hebel Regelenergie in einem Industrieprozess angesetzt werden kann, ohne dass es zu Produktionsverlusten kommt. Untenstehend sehen Sie den Wochenlastgang einer Weizenmühle mit einer installierten Leistung von 900 kW. Die Mühle ist der Kernprozess eines mittelständischen Betriebes, der sich auf die Herstellung von Lebensmitteln aus Getreiden spezialisiert hat.
Beide Punkte können über Pool-Effekte innerhalb des virtuellen Kraftwerks aufgefangen werden. Wir sehen hier den klassischen Anwendungsfall auf der Verbraucherseite, der individueller Lösungen bedarf.
In der untenstehenden Grafik sieht man, wie die vorgehaltene Menge an Leistung für die Regelenergie unterhalb der durchschnittlichen Leistung von 650 kW liegt.
Der graue Graph veranschaulicht die vorgehaltene Leistung für den postive Regelenergieabruf sowie die erfolgten Abrufe, in denen die Leistung reduziert wird. Der in Grün dargestellte Lastgang der Mühle muss zum Zeitpunkt der Regelenergieabrufe dem in grau dargestellten Leistungssollwert folgen. Der graue Leistungssollwert lässt sich mit dem Lastgang der Mühle in der Regelenergievermarktung somit erbringen. Es ist allerdings nicht damit getan, dass die Mühle den angeforderten Leistungssollwert abfährt: Wichtig bei der Regelenergievermarktung von einzelnen Verbrauchern ist, dass die angeforderte Leistungsmenge auch tatsächlich am Übergabepunkt zum öffentlichen Netz nachweisbar ist. Was bedeutet das genau für den Betrieb der Anlage? In der Regel liegen mehrere elektrische Verbraucher hinter einem Zählpunkt. Neben der Weizenmühle existiert möglicherweise noch eine weitere Mühle. Reduziert die Weizenmühle nun aufgrund eines Regelenergieabrufes die Leistung um 400 kW, darf die andere Mühle ihre Leistung nicht gleichzeitig erhöhen. Andernfalls würde der Betrieb dem Netz nicht die angeforderte Regelleistung in Höhe von 400 kW zur Verfügung stellen. Dies gilt es, über die Prozessleittechnik des Betriebes sicherzustellen.
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Entscheidet sich ein Unternehmen für den Einstieg in die Regelenergie, so bedarf es einer sogenannten Präqualifikation bei den Übertragungsnetzbetreibern. Dabei werden Regelenergieabrufe im Rahmen von Testläufen simuliert. Vergleichbar mit einem Feldtest wird dadurch nachgewiesen, dass die Anlage oben gezeigte Regelenergieabrufe ausführen kann. Auch für unseren Beispielbetrieb ist der Testlauf des Lastmanagements-Prozesses wichtig: Die tatsächlichen Auswirkungen auf den Produktionsprozess werden sichtbar. Gegebenenfalls können dann Parameter nochmals angepasst werden. Der Testlauf der Präqualifikation wird dem Unternehmen allerdings nicht bezahlt. Auch wenn sich durch diese Sichtweise keine pauschale Einschätzung zum Thema Regelenergie und Industrieprozesse treffen lässt, so ist hoffentlich dennoch deutlich geworden, dass es Potenziale für interessierte Unternehmen gibt. Hier gilt es den jeweiligen Fall auf seine Eignung hin gezielt zu überprüfen. Neben den technischen und regulatorischen Anforderungen an einen Industrieprozess stehen immer wieder Fragen zu bilanziellen und finanziellen Anforderungen auf der Agenda. Im Idealfall kümmert sich der Vermarkter um den Bilanzkreis des entsprechenden Prozesses. Er sorgt dafür, dass der Bilanzkreis im Zweifelsfall wieder glatt gestellt wird, übernimmt die Kommunikation mit dem Verteilnetzbetreiber (VNB) oder auch dem Stromzulieferer. So wird sichergestellt, dass sich die Betreiber nicht mit komplizierten bilanziellen Fragen beschäftigen müssen und sich voll auf ihr Kerngeschäft konzentrieren können.
Im nächsten Blog-Beitrag wollen wir uns genau um diese Fragen detaillierter kümmern und einen Blick auf Bilanzkreisverantwortung, Abrechnung, Day-After-Geschäft und Netzentgelte werfen.
Fotocredit: David Bergin, Lizenz: CC BY-SA 2.0
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