Manche Definitionen gehen davon aus, dass allein die konventionellen Kraftwerke die deutsche Residuallast tragen. Die Erneuerbaren Energien werden bei einer solchen Betrachtung unter einem Deckmantel zusammengefasst – ohne auf die einzelnen Flexibilitätsgrade einzugehen. Aktuell sind in der Tat herkömmliche Kraftwerke für die Stromversorgung in Deutschland notwendig. Jedoch nimmt der Einspeisungsanteil von EE-Anlagen stetig zu, so dass diese 2015 bereits einen Anteil von 32,5% des gesamtdeutschen Stromverbrauchs hatten und Schwankungen selbst ausgleichen. Am 7. und 8. Mai 2016 konnte sogar kurzzeitig 90% des Stromverbrauchs in Deutschland mit Erneuerbaren Energien gedeckt werden. Künftig werden Solar- und Windstrom vermehrt die Stützen der deutschen Stromversorgung sein. Deswegen wird es voraussichtlich zu einer kontinuierlichen Senkung der Residuallast im weiteren Fortschreiten der Energiewende kommen.
Bei der optimalen Eingliederung vieler EE-Anlagen in das deutsche Stromversorgungssystem entstehen neue Herausforderungen: Die am Stromnetz beteiligten Akteure müssen den Ausgleich der Residuallast zwingend gewährleisten. Dies geschieht mittels flexibler Kraftwerksleistung, mit Speichertechnologien, Stromimporten und durch einen flexiblen Stromverbrauch.
Auf der anderen Seite kommt es angesichts des Fortschreitens der Energiewende in Zukunft zu einer negativen Residuallast. Das heißt: die Stromproduzenten erzeugen mehr Strom, als der Markt benötigt. Dieser Stromüberschuss fließt entweder in die Energiespeicher oder, via Export, ins (außer-) europäische Ausland. So gleicht das länderübergreifende Energiesystem, das Strom viertelstundengenau prognostiziert und vermarktet, die Unterproduktion der einen Region mit der Überproduktion der anderen Regionen aus. Der Ausbau der europäischen Stromnetze ist hierbei ebenso bedeutsam wie das zunehmende Zusammenwachsen der verschiedenen Märkte und Energiesysteme. Setzt der Strommarkt den überschüssigen Strom nicht ab, regeln die ÜNB die Stromproduktion oder stoppen sie ganz. Die Energiewirtschaft spricht in diesem Fall von nicht integrierbarem Strom.
Mehr Informationen
Eine Begleiterscheinung der hohen Fluktuation sind vermehrte Schwankungen der Residuallast. Dabei schwankt der Residuallastwert um bis zu 70 GW innerhalb des Tagesverlaufes. Neben diesen hohen Tageswertschwankungen kommt es generell zu einem Aufbrechen der klassischen Wochen- und Jahreszeitlastverläufe. Speisen fossile Kraftwerke viel Leistung ein, steigen die Residuallastwerte – speisen vermehrt Erneuerbare Energie-Anlagen Strom ins Netz ein, sinken die Residuallastwerte. Um diese Residuallastschwankungen möglichst ausbalancieren zu können, bedarf es einiger Mechanismen, die künftig immer wichtiger werden:
Aufgrund der Stromvolatilität orientiert sich der Börsenpreis zunehmend am Residuallastverlauf und nicht – wie es heute der Fall ist – am Lastverlauf.