Künstliche Intelligenz ist in aller Munde. Sie ist die am schnellsten wachsende Sparte der High-Tech-Industrie. Die Bundesregierung sieht KI als Schlüsselstrategie, um einige der größten Herausforderungen unserer Zeit, wie beispielweise Klima- und Umweltschutz, zu meistern.
Es ist schwierig eine klare Abgrenzung der künstlichen Intelligenz oder gar eine genaue Definition festzulegen. Oftmals wird KI im Zusammenhang oder teilweise synonym zu den Begriffen des maschinellen Lernens (Machine Learning), Big Data oder Deep Learning verwendet. Diese Ungenauigkeiten sind nicht zuletzt dem Begriff der Intelligenz geschuldet, der sich einer eindeutigen und klaren Definition entzieht.
Die künstliche Intelligenz, oder artifizielle Intelligenz, wird klar von der „natürlichen Intelligenz“ abgegrenzt, die Menschen und Tieren zugesprochen wird. Künstliche Intelligenz ist die Intelligenz von beispielsweise Maschinen, Algorithmen, Programmen, Anwendungen oder Systemen. Diese können Daten aufnehmen, verarbeiten und zu Ergebnissen kommen.
Doch was ist Intelligenz nun genau? Verschiedene Forschungsfelder haben sich bereits darum bemüht, Intelligenz zu definieren – und sind zu unterschiedlichen Ergebnissen gekommen. Ein zentraler Aspekt von Intelligenz bei KI ist, dass sie auf Basis von Informationen selbst Entscheidungen trifft und Handlungen hinsichtlich der eigenen Ziele ausführt. Dazu zählt unter Umständen auch, dass diese Informationen gesammelt werden und auf deren Veränderung und auf die Umwelt flexibel reagiert wird. Mit anderen Worten bedeutet dies, dass die KI aus Erfahrungen lernt und neue Entscheidungen eigenständig trifft.
Aber auch mit dieser Definition bleibt der Begriff schwer greifbar. In der Praxis hat sich daher etabliert, von starker oder schwacher KI zu sprechen. Von einer starken KI spricht man, wenn die Anwendung über alle Aspekte verfügt, die mit menschlicher Intelligenz assoziiert werden, wie die Fähigkeit zu logischen Schlussfolgerungen, das Vorhandensein von Allgemeinwissen, die Fähigkeit zu lernen, Sprache wahrzunehmen und zu verstehen, Planen und Vorausschauen, Objekten zu bewegen und zu manipulieren sowie Emotionen zu erkennen.
Eine weitere gängige Definition versteht KI als Unterdisziplin der Informatik, welche das Ziel hat, Maschinen zu befähigen, Aufgaben intelligent auszuführen. Obwohl die Informatik beim Thema KI sehr präsent ist, wird künstliche Intelligenz auch in anderen Feldern angewandt, wie beispielsweise der Statistik, Robotik, Linguistik oder der Philosophie.
Nach wie vor besteht die Diskussion, was schon als KI und was noch als Rechenleistung von Maschinen bezeichnet wird. Die Übergänge sind, nicht zuletzt aufgrund der definitorischen Ungenauigkeiten, fließend.
Der Begriff des Machine Learnings (ML) wird oftmals mit der KI in Verbindung genannt und hat eine große Bedeutung in der Energiewirtschaft. Allerdings sollte man ML und KI nicht gleichsetzen. Da Machine Learning einen Teil, jedoch nicht alles der KI umfasst. Machine Learning bedeutet, dass Maschinen eigenständig lernen können, sprich aus ihren Erfahrungen Ableitungen für die Zukunft ziehen und bisher nicht da gewesene Probleme lösen.
Die künstliche Intelligenz, oder auch Artificial Intelligence, wird verstärkt in der Energiewirtschaft eingesetzt und es wird in ihr ein großes Potenzial für die zukünftige Gestaltung des Energiesystems gesehen. Klassische Anwendungsbereiche sind der Stromhandel, intelligente Stromnetze (Smart Grids) oder die Sektorenkopplung von Strom, Wärme und Verkehr. Voraussetzungen für einen verstärkten Einsatz der KI im Energiesystem sind die Digitalisierung der Energiebranche und ein entsprechend großer Satz an Daten, die sich auswerten lassen. KI hilft, durch das Analysieren und Auswerten der Datenmengen, die Energiewirtschaft effizienter und sicherer zu gestalten.
Insbesondere ist die AI im Bereich der intelligenten Vernetzung von Stromverbrauchern und Stromerzeugern über Sektorengrenzen hinweg präsent. Mit einer zunehmenden Dezentralisierung und Digitalisierung des Stromnetzes wird es immer schwieriger die Vielzahl an Teilnehmern zu managen und das Netz im Gleichgewicht zu halten. Dazu muss eine Flut an Daten ausgewertet und analysiert werden. Künstliche Intelligenz wird verwendet, um diese Daten schnellstmöglich und effizient zu verarbeiten.
Smart Grids, intelligente Netze, sind ein weiterer Anwendungsbereich. In diesen Netzen werden nicht nur Strommengen, sondern auch Daten transportiert. Gerade mit einer Zunahme an volatilen Energieerzeugungsanlagen, wie Solar und Wind, wird es immer wichtiger, dass die Erzeugung intelligent auf den Verbrauch reagiert (und umgekehrt). KI kann dabei helfen die Daten der verschiedenen im Netz miteinander verknüpften Teilnehmern (Verbraucher, Erzeuger, Speicher) auszuwerten, zu analysieren und sie zu steuern.
Ein besonderer Fokus liegt auf der Integration der Elektromobilität. Eine Zunahme an E-Autos bietet Chancen und Herausforderungen. Die Aufladung der Elektroautos muss koordiniert werden, gleichzeitig bieten sie aber auch die Möglichkeit Strom zu speichern und beispielsweise durch das Anpassen des Ladebedarfs an Preissignale und Verfügbarkeiten das Netz zu stabilisieren. Bei all dem kann KI mit Monitoring und der Koordination helfen.
Zusätzlich kann die KI die Netze stabilisieren, indem beispielsweise Anomalien in der Erzeugung, dem Verbrauch oder der Übertragung in nahezu Echtzeit erkannt sowie passende Lösungen entwickelt werden. Erste Forschungsprojekte hierzu, wie beispielsweise vom Fraunhofer Institut, gibt es bereits.
Außerdem kann KI dabei helfen Wartungsarbeiten zu koordinieren und optimale Zeitpunkte für die Wartung von Netzen oder von einzelnen Anlagen zu ermitteln. Dadurch können anfallende Kosten und Gewinnausfälle sowie Störungen des Netzbetriebs minimiert werden.
Die künstliche Intelligenz im Stromhandel hilft Prognosen zu verbessern. Mit KI kann die große Menge an Daten im Stromhandel, wie Wetterdaten oder historische Daten, systematisch ausgewertet werden. Durch bessere Prognosen erhöht sich auch die Netzstabilität und somit die Versorgungssicherheit. Insbesondere im Bereich der Prognosen kann KI dabei helfen die Integration der Erneuerbaren weiter voranzutreiben. Bei der Verbesserung von Prognosen in der Energiewirtschaft nehmen Machine Learning sowie neuronale Netze eine tragende Rolle ein.
Die Entwicklungen der Prognosequalität in den letzten Jahren haben das Potenzial der KI in diesem Bereich gezeigt: Bereits jetzt ist eine Verringerung des Bedarfs an Regelenergie nachzuvollziehen und das, obwohl der Anteil volatiler Stromerzeuger am Markt zugenommen hat.
Mittlerweile sind einige KI-Algorithmen so intelligent, dass sie selbst Handel betreiben können. Dies nennt man Algorithmic Trading, Algo Trading oder automatisierten Handel.
Außerdem kann KI dafür eingesetzt werden den Handel am Strommarkt automatisiert zu überwachen und zu analysieren. Dies ermöglicht, dass Abweichungen von der Norm, wie der Missbrauch von Marktmacht, schneller und gezielter erkannt und verhindert werden.
Im Virtuellen Kraftwerk werden zahlreiche Daten verarbeitet sowie Prognosen getroffen. Die KI-Algorithmen kommen sowohl bei der Erstellung von immer genaueren Prognosen zum Einsatz, als auch bei der Koordination der verschiedenen Teilnehmer im Virtuellen Kraftwerk.
Das geschieht beispielsweise dann, wenn koordiniert werden soll, welche Anlage wann wie viel Strom erzeugt oder verbraucht. Die Basis der Analysen besteht unter anderem aus Live-Einspeisedaten, historischen Daten, Daten der Stromhandelsplätze und Wetterprognosen.
Auch Verbraucher können einen Beitrag zu einem stabilen und grünen Stromnetz leisten, indem sie intelligent im Stromsystem vernetzt werden. Es existieren bereits Smart Home-Lösungen und Smart Meter, die jedoch noch keine großflächige Anwendung finden.
In einem smart vernetzten Zuhause reagieren die vernetzten Geräte auf Preise am Strommarkt und passen sich an das Nutzverhalten der Haushalte an, um so Strom zu sparen und Kosten zu reduzieren. Ein Beispiel sind smart vernetzte Klimaanlagen. Sie reagieren auf die Preise am Strommarkt, indem sie ihre Leistung hochfahren, wenn Strom gerade reichlich und günstig vorhanden ist. Durch die Analyse von Nutzerdaten können sie zudem Informationen über Vorlieben und Zeitfenster der Nutzer in die Berechnungen mit einbeziehen.
Jede künstliche Intelligenz ist nur so schlau, wie ihre Daten. Und hier liegt auch einer der größten Knackpunkte. Die Themen des Datenschutzes und der Datensicherheit werden als größte Schwachstellen für den Einsatz der künstlichen Intelligenz gesehen.
Wer digital und intelligent vernetzt ist, gibt auch viel von sich preis und das System wird anfällig für Cyberattacken. Das Bundesamt für Sicherheit (BSI) verzeichnete 2018 eine Verdreifachung der Cyberattacken auf kritische Infrastruktur im Vergleich zum Vorjahr.
Die Energieversorgung sowie das gesamte Energiesystem zählt zu eben dieser kritischen Infrastruktur. Daher wird Cybersecurity heutzutage und auch zukünftig immer wichtiger, um das hochvernetzte Stromnetz vor Angriffen und Datenklau von außen zu schützen. Bereits heute bestehen für Teilnehmende am Strommarkt strikte Sicherheitsauflagen im Bereich Datenschutz und Datensicherheit.
Doch entgegen der weitverbreiteten Meinung, KI mache das Stromnetz unsicherer, kann KI beim Kampf gegen Cyberattacken einen wichtigen Beitrag leisten. Sie kann große Datenmengen schnell überprüfen und so Abweichungen erkennen. Auch kann die KI aus bereits vergangenen Cyberattacken Rückschlüsse ziehen. Gerade in diesem Bereich wurden mit Machine Learning bereits große Erfolge erzielt, beispielsweise bei der Erkennung und Abwehr von Trojanern.
Viele Endnutzer stehen der künstlichen Intelligenz, insbesondere in Bezug auf Smart Home-Technologien, kritisch gegenüber. Das ist verständlich, denn es werden Daten aus dem privatesten Raum gesammelt, die viel über ihre Nutzer verraten. Studien haben gezeigt, dass das größte Hemmnis der Akzeptanz von Smart Metern die Angst ist, private Informationen preiszugeben, ohne zu wissen, wie diese genau verwendet werden. Diese Ängste sind berechtigt, da es bisher nicht klar geregelt ist, wie mit diesen sensiblen und für das Stromsystem der Zukunft wichtigen Daten, umgegangen wird.
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Deutschland und die EU sind bemüht den Datenzugriff durch private Unternehmen, wie er beispielsweise in den USA und China passiert, einzudämmen. Die EU Kommission hat daher vier ethische Grundprinzipien für die KI entwickelt: KI soll die menschliche Autonomie respektieren, gesellschaftlichen Schaden vermeiden, fair und erklärbar sein. Nachzulesen sind diese Guidelines hier. Gerade der Aspekt der Erklärbarkeit wird mit immer stärkeren und sich selbst weiterentwickelnden KIs immer schwieriger werden.
Damit der KI in der Energiewirtschaft und insbesondere von Endverbrauchern mehr Vertrauen geschenkt wird, muss klar kommuniziert werden, wie und von wem die Daten verwendet werden und die Datensicherheit gewährleistet sein.
Ein weiterer Kritikpunkt an der KI ist der Stromverbrauch der Künstlichen Intelligenz selbst. Bei der Verarbeitung von großen Datenmengen wird viel Strom verbraucht. Beim Einsatz von KI für die Energiewende muss daher auch analysiert werden, wie die Rechenzentren selbst energieeffizient und möglichst klimaneutral gestaltet werden können. Mögliche Lösungen dieses Dilemmas sind beispielsweise eine räumliche Nähe von Rechenzentren und EE-Erzeugungsanlagen, das Verschieben von stromintensiven Rechenoperationen in Zeiten, wo viel Strom zur Verfügung steht, eine energieeffizientere IT-Hardware oder eine Programmierung, die möglichst wenig Rechenleistung benötigt.
KI bietet in der Energiewirtschaft eine Vielzahl an geeigneten Einsatzszenarien, die die Energiewende und ein klimafreundliches Energiesystem unterstützen werden. Entscheidend wird sein, die Daten der Nutzer zu schützen sowie den Einsatz von KI transparent und nachvollziehbar zu gestalten.
Hinweis: Next Kraftwerke übernimmt keine Gewähr für die Vollständigkeit, Richtigkeit und Aktualität der Angaben. Der vorliegende Beitrag dient lediglich der Information und ersetzt keine individuelle Rechtsberatung.