Auf den ersten Blick hat Brasilien es geschafft: fast 70% des installierten Stroms stammen aus Wasserkraft, noch einmal 15% aus anderen Erneuerbaren Quellen – und das bereits seit Jahren. Doch die Konzentration der Energiegewinnung auf die Ressource Wasser bringt nicht unerhebliche Probleme mit sich.
Zum einen wird beim Bau großer Wasserkraftwerke in die Umwelt eingegriffen: Flüsse müssen gestaut, große Dämme errichtet und ganze Dörfer umgesiedelt werden. Auch Fischbestände leiden unter dem Eingriff in die betreffenden Gewässer. Hinzu kommt im Falle Brasiliens das Problem der Abhängigkeit von der Wasserkraft in Verbindung mit wetterbedingter Volatilität derselben. So wird, vor allem in den Sommermonaten, die Stromversorgung Brasiliens durch Dürre akut bedroht. Gleichzeitig steigen die Energiepreise enorm, da auf kostenintensivere Formen der Energiegewinnung ausgewichen wird.
Betrachtet man allerdings die niedrigen Zahlen der installierten Leistung von Wind-, Solar- und Biomasseenergie, wird klar, dass hier noch Potentiale schlummern und nicht unbedingt auf fossile Energieträger ausgewichen werden muss. Der Zubau von Stromerzeugungskapazitäten ist aber in jedem Falle notwendig – anders kann der wachsende Energiebedarf Brasiliens, der zusätzlichen Strom in Höhe von 4 bis 5 GW jährlich erfordert, nicht gedeckt werden.
In Südamerikas größter Volkswirtschaft wird die Energiesicherheit, wie in vielen anderen Schwellenländern auch, zunächst an erste Stelle gerückt und der - kurzfristig gesehen - günstigste und „leichteste Weg“ zur Energiegewinnung gewählt. Der Bau von vermeintlich billigen Kohlekraftwerken landet so wieder auf der Agenda der Regierung. Aber auch im Bereich der Erneuerbaren gibt es Ausbaupläne: Die Energieerzeugungskapazität soll hier von 100 GW (2012) auf rund 183 GW im Jahr 2022 ausgeweitet werden.
Energieauktionen wurden in Brasilien bereits 2004 eingeführt und bilden den Kern regulatorischer Rahmenbedingungen für den reformierten Energiemarkt in Brasilien. Vor allem der Windkraft hilft das Verfahren, wettbewerbsfähiger zu werden. Bei der Windkraft konkurrieren große Turbinen an der Küste allerdings mit dem Wirtschaftsfaktor Tourismus, der in Brasilien eine wichtige Rolle spielt. Die Windräder sind in den dicht besiedelten Gebieten an der Küste nicht gerne gesehen und so können die Möglichkeiten der Energiegewinnung aus Windkraft nur bedingt ausgeschöpft werden. Dennoch soll der Anteil der Windkraft an der Stromerzeugung bis 2022 von 3 auf 10% steigen.
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Die größte Stromerzeugungsquelle ist und bleibt allerdings die Wasserkraft. Bereits seit 1991 produziert in Brasilien das riesige Wasserkraftwerk Itaipu durchschnittlich 95 Mio. MWh elektrische Energie jährlich. Damit deckt es etwa 95% des paraguayischen und knapp 25% des brasilianischen Strombedarfs. Bis 2020 sind Projekte in Planung, die Brasilien bis zu 40 GW an weiterer Leistung aus Wasserkraft bescheren werden.
Installierte Leistung gesamt: 126 GW
Große Wasserkraftwerke: 80,64 GW
Biomasse: 11,33 GW
Kleine Wasserkraftwerke: 5,04 GW
Wind: 2,52 GW
Stromverbrauch: 498,4 TWh
Stand: 2012
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