In unserer Blog-Reihe „Next Stop“ schauen wir uns die unterschiedlichen Energielandschaften dieser Welt an. Dieses Mal machen wir Halt in China. Jan Völpel, Projektmanager im Team Innovation & Development bei Next Kraftwerke, berichtet über seine Konferenzreise nach China.
Nils: Hallo Jan, du warst letztens in China. Was hast du da genau gemacht?
Jan: Ich war zusammen mit der DENA im Rahmen einer Konferenz der CNREC (China National Renewable Energy Centre) in China. Thematisch ging es bei meinem Vortrag darum, wie sich flexible Stromverbraucher in ein Virtuelles Kraftwerk integrieren lassen.
Nils: In der letzten Zeit liest man häufiger, dass China stark auf Erneuerbare setzt. Kannst du etwas zur chinesischen Stromlandschaft sagen?
Jan: Der Ausbau von Erneuerbaren spielt in China in der Tat momentan eine große Rolle. Nicht nur als Hersteller von Solarmodulen, die zu einem riesigen Teil aus China kommen, sondern auch im Ausbau der Stromerzeugung, die stark auf Photovoltaik setzt. 2018 wurden mehr als 43 GW an PV installiert, 2017 sogar über 50 GW. Mittlerweile beträgt die installierte PV-Leistung in China mehr als 170 GW. Angesichts der Größe des Landes und des Strombedarfs ist dies jedoch nur ein kleiner Teil an der Gesamtleistung von mehr als 1900 GW. Um genau zu sein, macht PV knapp zehn Prozent der installierten Leistung aus. Wind liegt etwa bei fünf Prozent, während etwa zehn bis fünfzehn Prozent aus Wasserkraft erzeugt werden. Der Rest entfällt auf konventionelle Energieträger; insbesondere Steinkohle.
Der Wechsel ist dringend notwendig, weil seit 2000 ist China für mehr als 50 Prozent des Anstiegs des globalen Stromverbrauchs verantwortlich und für 80 Prozent des Kohleverbrauchs.
Nils: Und wie sieht der Verteilung der Stromerzeugung bei der Größe des Landes aus? Sind die einzelnen Kraftwerke in der Nähe der Großstädte?
Jan: Nicht unbedingt. So ist beispielsweise ein großer Teil der Windkraftanlagen an der Nordostküste verbaut und der Strom muss dann in die entsprechenden Metropolregionen transportiert werden. Hier zeigt sich eines der großen Probleme der chinesischen Energielandschaft: der Stromtransport. Aufgrund der langen Distanzen kommt es immer wieder zu Engpässen. Da die Leitungen nicht so sehr belastet werden können, kommt es immer wieder zum Einsatz von Einspeisemanagement.
Nils: Verstehe. Wie ist das denn zwischen den einzelnen Regionen? Gibt es da Unterschiede? Unterschiedliche Übertragungsnetzbetreiber?
Jan: Das sind eigentlich zwei unterschiedliche Fragen. Zum einen gilt für China der Grundsatz „Provinz nicht China“. Das bedeutet, dass jede Provinz selbst für die Ausgestaltung ihrer Stromlandschaft verantwortlich ist. Darüber hinaus gibt es eigentlich nur zwei staatliche Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB). Wobei Stategrid mehr als 90 Prozent der Anteile am gesamten chinesischen Netz und mehr als eine 1,5 Millionen Mitarbeiter hat. Der zweite ÜNB ist Southern Grid, der aber nur in der südwestlichen Region um Guangzhou aktiv ist.
Nils: Was bedeutet es denn genau, dass die Provinzen für das eigene Marktdesign verantwortlich sind?
Jan: Zum einen bedeutet es, dass jede Provinz eigene Flexibilitätsprodukte hat. Das reicht von unterschiedlichen Demand-Response-Maßnahmen bis hin zur variierenden Ausgestaltung von Regelleistungsprodukten. Zum anderen gibt es nur in einigen Provinzen Spot-Märkte. Diese werden von Stategrid betrieben. Allgemein kann man festhalten, dass sich die Energiewirtschaft noch stark an der klassischen Planwirtschaft orientiert.
Nils: Ah ok. Und wie kann ich mir die Rolle von Erneuerbaren vorstellen? Wer betreibt diese Anlagen? Werden Sie aggregiert? Können sie an der Börse oder am Markt für Regelleistung teilnehmen?
Jan: Erneuerbare Energien gehören primär staatlichen Betreibern. In manchen Provinzen können sie auch am Spotmarkt teilnehmen. Das ist aber nicht zwangsläufig überall der Fall. Darüber hinaus haben die Erneuerbaren (im Gegensatz etwa zu Deutschland) keinen Einspeisevorrang. Wenn zu viel Strom produziert wird, werden Erneuerbare abgeschaltet. Dazu kommt, dass Regelleistung gegenwärtig nur von konventionellen Kraftwerken vorgehalten wird. Darüber hinaus sind DSM-Maßnahmen der eher präferierte Weg, mit Frequenzschwankungen umzugehen. Pläne zum Aggregieren von Erneuerbaren sind noch sehr im Anfangsstadium.
Nils: Inwiefern?
Jan: Ideen, die wir beispielsweise bei unserem Besuch bei einem der größten Hersteller für Windkraftturbinen mitbekommen haben, gehen eher in die Richtung, dass man Erneuerbare zu Microgrids zusammenschließt und diese dann innerhalb eines Onsite-VPPs vernetzt, um bei großen Verbrauchern entsprechend den Eigenstrombedarf zu decken.
Nils: Und welche Pläne hat China für die Zukunft bezüglich Erneuerbaren Energien?
Jan: China hat das Ziel, PV bis 2035 auf 1,3 TW auszubauen und bis 2050 eine installierte Leistung von insgesamt zwei Terawatt zu erreichen. Wind soll bis 2030 1800 TWh erreichen und 2050 bis zu 3300 TWh produzieren. Die chinesische Wasserkraft gehört bereits heute im globalen Vergleich zu den Spitzenreitern. Diese Rolle soll in den kommenden Jahren noch weiter ausgebaut werden. Bis 2050 sollen noch 70 Prozent mehr an Kapazität installiert werden. Biomasse spielt in China eher eine untergeordnete Rolle. Hier ist der Plan, bis 2050 knapp 60 GW an Leistung installiert zu haben.
Stromverbrauch: | 6 313TWh (2017) |
Strommix*: | Fossile Energieträger: 62,31 % Atomkraft: 2,06 % Wasserkraft: 17,92 % Windkraft: 9,33 % Solar: 7,44 % |
Anteil Erneuerbarer Energien: | 35,56 % |
INDCs des Pariser Abkommens: | China will bis 2030 die CO2 Emissionen bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt um 60-65 % des Wertes von 2005 reduzieren. Der Anteil des Stromverbrauchs von nicht-fossile Energieträger soll im gleichen Zeitraum um 20 % gegenüber 2005 wachsen. /td> |
* 2017 |
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