Auf dem zentraleuropäischen Spotmarkt für Energie werden kurzfristig lieferbare Strommengen gehandelt. Der Handel ist neben der European Power Exchange (EPEX SPOT) in Paris auch auf anderen Strombörsen, wie der Nord Pool AS oder der Energy Exchange Austria (EXAA) möglich. Dort stehen sich, wie auf jedem Marktplatz, Käufer und Verkäufer gegenüber, wobei der Großteil des Handels von Strom heute nicht mehr auf dem Parkett stattfindet, sondern computergesteuert oder telefonisch abläuft. Die EPEX SPOT beliefert Deutschland, Frankreich, Österreich, Belgien, Dänemark, Finnland, Großbritannien, Luxemburg, die Niederlande, Norwegen, Schweden, Polen und die Schweiz und nimmt somit eine zentrale Stellung im europäischen Stromhandel ein. Bis 2009 war der deutsche Spotmarkt an der Energiebörse in Leipzig (EEX) beheimatet. Die EXAA ist im Energiehandel in Deutschland und Österreich aktiv. Seit 2019 handelt die Nord Pool AS auch in Frankreich, Deutschland, Luxemburg, Belgien, Österreich und den Niederlanden.
Im Unterschied zum Terminmarkt der EEX in Leipzig werden auf dem Spotmarkt für Stromhandel, wie der EPEX oder der Nord Pool AS, kurzfristig lieferbare Strommengen und nicht langfristige Stromliefervereinbarungen ("Terminkontrakte" oder "Futures") gehandelt. Die kurzfristig gehandelten Strommengen werden entweder einen Tag im Voraus, also einen Tag vor der physischen Lieferung des Stroms vom Produzenten oder Händler zum Abnehmer, im Day-Ahead-Handel verkauft oder sogar am Tag der physischen Lieferung des Stroms selbst im Intraday-Handel.
Auf den Day-Ahead-Märkten werden täglich transparente Strompreise ermittelt, indem alle Börsenmitglieder ihre Gebote für die Auktion des darauffolgenden Tages abgeben und in ein Orderbuch eingeben. Der Spotmarktpreis ergibt sich aus der Kopplung der Orderbücher und wird für jede Stunde des darauffolgenden Tages berechnet. Wenn diese Kopplung nicht vollständig erfolgen kann, ist wird für diese Zeit der Durchschnittspreis aller Strombörsen nach Handelsvolumen gewichtet als Grundlage genommen. Für eine europaweit einheitliche Grundlage wird hierfür der Algorithmus EUPHEMIA (EU Pan European Hybrid Electricity Market Integration Algorithm) verwendet, der nicht nur europaweit den Preis für die 24 Stunden des nächsten Tages ermittelt, sondern auch die bezuschlagten Volumina und Nettoposition aller Bietzonen sowie Lieferengpässe des europäischen Stromnetzwerks berücksichtigt.
Der Intraday-Handel hingegen zeichnet sich durch einen kontinuierlich stattfindenden Handel aus. In Deutschland können Handelsteilnehmer bis fünf Minuten vor der Lieferviertelstunde Gebote abgeben. Sobald zwei Gebote kompatibel sind, wird der Strom zu dem ausgehandelten Preis geliefert. Jene Gebotspreise variieren folglich sehr stark im Gegensatz zum Einheitspreis des Day-Ahead-Marktes.
Die Handelseinheit sind Megawattstunden (MWh). Auf den an der Börse bezahlten Preis für eine Megawattstunde kommt allerdings noch einiges an Gebühren und Steuern hinzu.
Während die meisten Strommengen in Deutschland überhaupt nicht an der Börse sondern im OTC-Handel ("Over-the-Counter") verkauft werden, also in außerbörslichen, meist langfristigen Direktverträgen zwischen Produzenten und Abnehmern, werden an Strombörsen die restlichen Mengen gehandelt. Im Jahr 2023 waren das 724,4 Terawattstunden (TWh) am Spotmarkt und 5.185,3 Terawattstunden am Terminmarkt.
Da im Gegensatz zum direkten OTC-Handel zwischen zwei Vertragspartnern der Börsenhandel zwischen verschiedenen markterfahrenen und hochliquiden Handelspartnern abläuft, bildet die Energiebörse auch eine Art Clearing-Stelle, die Zahlungsausfällen vorbeugt.
Der Krieg in der Ukraine sowie die Abhängigkeit Europas von russischem Gas wirken sich stark auf die Börsenpreise aus. Nach dem Prinzip der Merit-Order bestimmt das zuletzt eingesetzte Kraftwerk mit den höchsten Grenzkosten - meistens ein Gaskraftwerk - den Strompreis. Wird die Verfügbarkeit von Gas knapper, so steigen also neben den Gaspreisen auch die Preise am Spotmarkt an. Dies lässt sich an der untenstehenden Grafik sehr gut für das Jahr 2022 beobachten. Bereits im September des Vorjahres begannen die Strompreise zu steigen, da die Bundesregierung zu diesem Zeitpunkt erstmals über den Baustopp der Gaspipeline Nord Stream 2 im Sinne einer Wirtschaftssanktion diskutierte.
Hinzu kommt der 2021 eingeführte CO2-Preis auf Kohle, Benzin, Diesel, Heizöl und Gas, der im Laufe der nächsten Jahre planmäßig immer weiter zunehmen wird und sich in der Folge auf die Börsenpreise jener Energieträger auswirkt.
Unsere Analyse der aktuellsten Spotmarkt- und Regelenergiepreise sowie der Brennstoff-, CO2- und Terminmarktpreise macht gerade eine kurze Pause.
Die niedrigen Wasserstände vieler Flüsse beeinflussen des Weiteren die Verfügbarkeit von Kohle. Oftmals ist es bei diesen Bedingungen nicht möglich, genügend Kohle über die Flüsse an Kraftwerke zu transportieren, wodurch wiederum die Strompreise steigen. Ebenso sind Anfang des Jahres einige Atom- und Braunkohlekraftwerke in Deutschland vom Netz gegangen und in Frankreich herrscht eine Knappheit an Atomenergie, ausgelöst durch Wartungsarbeiten und zu hohe Flusstemperaturen, die die Kühlung der Reaktoren erschweren. Den aktuellen Preisentwicklungen am Spotmarkt liegen also viele verschiedene Faktoren zu Grunde.
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