Ja, man kann beklagen, dass die Hürden für die Teilnahme an der Bioenergie-Ausschreibung immer noch zu hoch sind. Und ja: Auch die meisten der schon im letzten Jahr diskutierten Schwächen des Ausschreibungsdesigns wurden bislang nicht behoben. Und selbstverständlich lässt sich auch über die Höhe der maximalen Vergütung diskutieren. Doch ist es wirklich nur Sache der Politik, hier nachzubessern? Alexander Krautz, Team Manager Innovation & Development bei Next Kraftwerke, fordert im Interview mehr Aktivität von den Betreibern.
Verena Dubois: Seit Ende September sind die Ergebnisse der zweiten Ausschreibungsrunde bekannt. Diesmal waren 79 Gebote erfolgreich, knapp 77 MW wurden bezuschlagt. Das ausgeschriebene Volumen von rund 225 MW wurde aber wieder nicht erreicht. Überrascht dich das?
Alexander Krautz: Die Ergebnisse sind in etwa so wie erwartet. Da im Jahr 2000 oder früher noch nicht so viele Anlagen in Betrieb genommen wurden, ist das Vergütungsende für viele Betreiber noch nicht erreicht. Viele setzen sich noch gar nicht aktiv mit dem Wechsel ins neue System auseinander.
Verena Dubois: Das heißt, die meisten Anlagenbetreiber können sich noch entspannt zurücklehnen?
Alexander Krautz: Lieber nicht. Aufgrund der Übergangsfristen empfehlen wir Betreibern, möglichst frühzeitig in die Ausschreibung zu gehen, da sie nach dem Zuschlag ohnehin noch 12-36 Monate Zeit haben, um in das neue System zu wechseln. Wer bis zum letzten Moment abwartet und dann nicht bezuschlagt wird, fällt aus dem System heraus. Ein Beispiel hierzu: Anlagen, deren Förderung zum 31.12.2020 endet, müssen im nächsten Jahr an der Ausschreibung teilnehmen. Wenn sie keinen Zuschlag bekommen, haben sie ab dem 1.1.2021 keinen Vergütungsanspruch mehr. Selbst wenn der Betreiber dann in 2020 einen Zuschlag erhält, kann er erst nach 12 Monaten, also im Herbst 2021, in die Folgevergütung wechseln. Das heißt, die Betreiber wären gut beraten gewesen, schon in diesem Jahr teilzunehmen, weil sie dann wesentlich weniger Konkurrenz gehabt hätten. Im nächsten Jahr könnte es dann schon eine Zitterpartie werden.
Verena Dubois: Für Bestandsanlagen beträgt die maximale Vergütung in der diesjährigen Runde 16,73 Cent/kWh. Damit liegt die Vergütung deutlich unter dem, was die Betreiber momentan verdienen. Da verwundert es kaum, dass sich die Betreiber nicht gerade um die Teilnahme reißen.
Alexander Krautz: Das ist natürlich nachvollziehbar und führt uns wieder zu der Forderung, die wir auch schon im letzten Jahr formuliert haben: Die Systemdienlichkeit der Bioenergie muss stärker honoriert werden. Die Politik muss sich damit befassen, wie der Anlagenbestand erhalten und zukunftssicher weiter betrieben werden kann. Das ist ja auch die Forderung, die immer wieder formuliert wird. Was mir in dieser Diskussion jedoch zu kurz kommt, ist die Rolle der Anlagenbetreiber selbst.
Verena Dubois: Kannst du das noch genauer erläutern?
Alexander Krautz: Mehr Bioenergie-Betreiber sollten die Rolle des Systemstabilisators proaktiv angehen. Es gibt heute bereits viele Optionen, die bestehende Flexibilität zu heben. Aber viele Betreiber nutzen diese Möglichkeiten gar nicht und schöpfen damit auch nicht das Potenzial ihrer Anlagen aus. Wenn die Verbände sagen, dass die Bioenergie Systemverantwortung übernehmen kann, aber viele Betreiber diesen Beweis nicht antreten, besteht das Risiko, dass die Politik die Branche nicht ernst nimmt und ihr diese Rolle nicht überträgt. Wer höhere Erlöse für Flexibilität fordert, muss auch Flexibilität anbieten. Ein gutes Signal an die Politik wäre die Bereitstellung einer jährlichen Mindestflexibilität – und das ohne auf der anderen Seite direkt wieder Gegenforderungen zu stellen. Auch wenn aktuell Flexibilität keinen wirklich hohen Gegenwert am Markt hat, sollte die Bioenergiebranche endlich zeigen, was sie kann. Mein Appell an die Betreiber: Werdet flexibler, um der Politik zu verdeutlichen, dass es Sinn macht, in die Bioenergie zu investieren. Nur so kann die Bioenergie einen Beitrag zur Energiewende leisten und sich für den einzelnen lohnen.
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