Hendrik Sämisch und Jochen Schwill, Gründer und Geschäftsführer von Next Kraftwerke, zur Partnerschaft mit Shell Renewables & Energy Solutions
2009 haben wir Next Kraftwerke gegründet – mit einem kleinen Team und überschaubarem Kapital, aber großen Visionen für eine Energieversorgung jenseits von Kohle und Atomkraft. Damals hätten wir uns nicht träumen lassen, dass viele dieser Visionen bereits innerhalb von zehn Jahren Wirklichkeit werden. Und damit meinen wir nicht nur unseren Pool, der mit über 10.000 Anlagen zu einem der größten Virtuellen Kraftwerke der Welt angewachsen ist. Vor allem die Rolle der Erneuerbaren hat sich gewandelt – vom Underdog zum zentralen Pfeiler unserer zukünftigen Stromversorgung.
Qualifiziert haben sich die Erneuerbaren nicht nur mit immer neuen Erzeugungsrekorden, sondern auch durch sinkende Kosten: Mittlerweile produzieren neue Photovoltaik- und Windkraftanlagen vielerorts günstiger als neue konventionelle Kraftwerke und werden damit auch unabhängiger von Fördermitteln. Ein wichtiger Schritt für die Erneuerbaren – und ein wichtiger Schritt für die strategische Weiterentwicklung von Next Kraftwerke. Denn nur wenn wir unser Geschäftsmodell an die sich wandelnden Anforderungen anpassen, können wir unsere langjährigen Partner auf ihrem weiteren Weg begleiten.
Was das bedeutet, können wir an einem konkreten Beispiel festmachen: Viele Grünstrompioniere sind mit ihren Anlagen bei uns in der Direktvermarktung und fallen nun nach 20 Jahren aus der EEG-Förderung. Wir möchten diesen langjährigen Kunden ermöglichen, ihre Anlagen wirtschaftlich weiterzubetreiben. Dies geschieht im Rahmen von PPA-Verträgen, die die Stromabnahme – manchmal für viele Jahre im Voraus – regeln. Um auch solche langfristigen Verträge anbieten zu können, müssen vom Händler, also uns, Sicherheiten in Millionenhöhe hinterlegt werden, um die Stromlieferung abzusichern – Summen, die nur von großen Konzernen gestemmt werden können.
Als Teil von Shell Renewables & Energy Solutions können wir nun diesen nächsten Entwicklungsschritt auf den Strommärkten mitgehen und damit unsere Arbeit der letzten zehn Jahre konsequent fortführen. Bei unserer Entscheidung haben wir aber nicht nur den deutschen Markt im Blick. Insbesondere international können wir nun gewachsene Netzwerke und Synergien nutzen, die es ermöglichen, unser Know-how und unsere Technologie zu teilen und so dafür zu sorgen, dass die Energiewende auch in anderen Teilen der Welt schneller vorankommt. Denn Virtuelle Kraftwerke sind eine wichtige Schlüsseltechnologie der Energiewende. Indem wir deren Aufbau und Betrieb weltweit unterstützen, liefern wir dringend benötigte Lösungen für die Prognose wetterabhängiger Einspeisung, die Sicherung der Netzstabilität und vieler weiterer Einsatzszenarien, die für ein reibungsloses Zusammenspiel der Erneuerbaren und deren Integration in die Strommärkte erforderlich sind.
Diese neuen Möglichkeiten gehen übrigens mit keinerlei Eingeständnissen einher: Das Ziel unserer Arbeit ist nach wie vor eine Energieversorgung mit 100% Erneuerbaren Energien. Hiervon sind wir kein Milliprozent abgerückt. Nun werden manche fragen, warum wir dazu auf einen Partner setzen, der aus dem konventionellen Umfeld kommt. Und auch darauf haben wir eine klare Antwort: Weil wir glauben, dass jeder Euro, der in die Energiewende gesteckt wird, ein guter Euro ist und uns unserem Ziel einer nachhaltigen Energieversorgung näherbringt. Denn wenn wir es wirklich schaffen wollen, Treibhausgasemissionen bis 2030 um 50% zu senken, müssen wir erreichen, dass auch die ganz großen Akteure der Energiebranche umdenken und ihr Kapital in nachhaltige Projekte investieren. Kein ganz selbstverständlicher Prozess, denn unter Umständen bedeutet dies, jahrelang praktizierte Geschäftsmodelle in Frage zu stellen.
Wie stark der Impuls ist, an den eigenen Wahrheiten festzuhalten, zeigt eine kleine Anekdote: Vor etwa zehn Jahren nahmen wir an einer Konferenz in Düsseldorf teil, bei der es um den Sinn von Investments in Erneuerbare Energien ging. Ein führender Manager eines großen deutschen Energieversorgers riet damals dringend davon ab, Geld in Erneuerbare Energien zu stecken. Denn der Klimawandel sei nicht etwa menschengemacht und beeinflussbar, sondern einzig und allein das Resultat zunehmender Sonnenaktivität, was durch die Zunahme an Sonnenflecken belegt würde.
Ein solches Statement wäre heute – jenseits von querdenkenden Stammtischen – nicht mehr vorstellbar. Inzwischen stellen innerhalb der Energiebranche nur noch wenige in Frage, dass der Mensch der Hauptverursacher des Klimawandels ist. Dies hat auch enorme Auswirkungen auf die Wirtschaft: Viele Konzerne werden vom Gesetzgeber verpflichtet – oder verpflichten sich sogar freiwillig dazu –, Treibhausgase zu reduzieren und im Laufe der nächsten Jahrzehnte klimaneutral zu werden. Auch die Rolle der etablierten Energiekonzerne ändert sich. Sie müssen ihr Business umbauen und neue Geschäftsmodelle entwickeln, um zukunftsfähig zu werden.
Bei Shell ist dieser Transformationsprozess in vollem Gange: Der Konzern investiert Milliarden in grüne Technologie und hat das Ziel, größter Stromanbieter der Welt zu werden. Indem wir diese bislang wohl größte Neuausrichtung des Unternehmens begleiten, haben wir die Chance, den Umbau im Inneren des Systems voranzubringen und aktiv mitzugestalten. Dabei befinden wir uns übrigens in bester Gesellschaft: Innovative Greentech-Unternehmen wie Sonnen, Ubitricity oder Limejump haben sich ebenfalls für eine Partnerschaft mit Shell entschieden, um ihre wegweisenden Konzepte im Sinne der globalen Energiewende skalieren zu können.
Natürlich stimmt uns der Abschied von der Rolle als Start-up auch ein kleines bisschen wehmütig. Aber die disruptive Energie, die uns seit jeher ausmacht, nehmen wir natürlich mit ins nächste Kapitel von Next Kraftwerke. Wir freuen uns darauf, in den nächsten Jahren an der maximalen Veränderung des Energiesystems und an seiner Dekarbonisierung zu arbeiten.
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