Die Einsatz- und Vermarktungskonzepte von Batteriespeichern sind komplex – und das nicht nur technisch, sondern auch sprachlich. So verbergen sich beispielsweise hinter dem Begriff Co-Location - für Anlagenkombination - gleich mehrere Konzepte mit jeweils eigenen regulatorischen Anforderungen und Besonderheiten. Mit diesem Beitrag möchten wir Licht ins Dunkle bringen und veranschaulichen, welche Möglichkeiten der Markt für Batteriespeicher bereithält. Und zwar nicht nur für die Erlösoptimierung, sondern auch für die Systemstabilität und die Energiewende.
Gerade im internationalen Kontext stößt man häufig auf die Abkürzung BESS für Battery Energy Storage System. Während international damit in der Regel großskalige, netzgekoppelte Speicher gemeint sind, wird BESS im deutschen Kontext teilweise auch für kleinere Batterien wie Heimspeicher genutzt. Gemeinsam ist den meisten Batteriekonzepten jedoch, dass sie eine entscheidende Rolle in der Energiewende spielen können, indem sie die fluktuierende Stromerzeugung der Erneuerbaren Energien (EE), wie beispielsweise aus Photovoltaik (PV) und Windkraft, abpuffern und damit das Stromsystem entlasten. Und das sogar, wenn sie ursprünglich für einen anderen Einsatzzweck gebaut wurden. Schauen wir uns einmal genauer an, welche Use Cases sich hinter den häufig verwendeten Terminologien stecken.
Der Begriff Peak Shaving bezeichnet die gezielte Reduzierung von Lastspitzen im industriellen oder gewerblichen Bereich. Oftmals nutzen Unternehmen mit energieintensiven Prozessen Batteriespeicher, um Lastspitzen im eigenen Stromverbrauch abzufedern und so die Energiekosten zu senken. In Zeiten niedriger Stromkosten - oder bei überschüssiger Erzeugung eigener EE-Anlagen – werden die Speicher beladen. Wenn die energieintensiven Prozesse oder Maschinen laufen, wird die Energie aus dem Speicher genutzt. Auf diese Weise reduzieren Unternehmen die maximale Netzlast – und sparen deutlich bei ihren Netzentgelten. Neben diesem Primärnutzen können die Flexibilitätspotenziale des Batteriespeichers zusätzlich an den Strom- oder Regelenergiemärkten eingesetzt werden. Gemeinsam mit einem Vermarkter wird dann ein entsprechender Fahrplan entwickelt, der den Primärzweck nicht beeinträchtigt, aber ungenutzte Zeiträume gezielt zur Erlössteigerung verwendet.
Auch der Begriff „Arbitrage“ wird häufig im Zusammenhang mit der Vermarktung von Batteriespeichern genutzt. Was ist damit gemeint? Wer Arbitrage betreibt, versucht durch das Nutzen von Preisunterschieden eines Guts an unterschiedlichen Marktplätzen Gewinne zu erzielen. Im Falle von Batterien kann das folgendermaßen aussehen: Batteriespeicher laden Strom zu Zeiten niedriger Preise – etwa bei hoher Einspeisung Erneuerbarer Energien – und verkaufen ihn wieder, wenn die Preise steigen. Diese Strategie ermöglicht nicht nur wirtschaftliche Gewinne für Speicherbetreiber, sondern trägt auch zur Glättung von Preisschwankungen an den Strombörsen und zur Netzstabilität bei. Diese Art der Vermarktung kommt insbesondere bei Stand-Alone Batteriespeichern, also Speichersystemen mit eigenem Netzanschluss, die nicht mit Erneuerbaren Energien gekoppelt sind und Strom aus dem Netz beziehen, zum Tragen.
Redispatch ist eine Maßnahme zur Vermeidung von Netzengpässen, bei der Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) oder Verteilnetzbetreiber (VNB) gezielt in die Einspeiseleistung von Kraftwerken eingreifen. Seit der Einführung von Redispatch 2.0 sind auch Erneuerbare Energien und Speicher ab einer Leistung von 100 kW in das Engpassmanagement eingebunden. Batteriespeicher können dabei netzdienlich eingesetzt werden, indem sie überschüssigen Strom aufnehmen oder bei Bedarf Energie ins Netz einspeisen. In der Praxis wird dieses Potenzial aktuell aber nur begrenzt genutzt, da der regulatorische Rahmen noch zu wenig Anreize für Speicherbetreibende gibt. Perspektivisch könnte sich hier aber ein interessantes Feld für Batteriespeicher auftun, insbesondere in Bezug auf Anlagen die besonders stark von Redispatch betroffen sind.
Curtailment – also die Abregelung von erneuerbaren Energieanlagen – kann notwendig werden, wenn das Stromangebot die Nachfrage übersteigt. Besonders im Frühjahr und Sommer kommt es angesichts des rasanten Solarzubaus regelmäßig zu solchen Szenarien. Statt den grünen Strom abzuregeln und damit ungenutzt zu lassen, können Batteriespeicher einspringen: Sie speichern den überschüssigen Strom und geben ihn später wieder ab, wenn das Netz entlastet ist oder der Stromverbrauch wieder anzieht bzw., die Produktion sinkt und Preise steigen. Dieser Ansatz reduziert nicht nur die Verschwendung erneuerbarer Energie, sondern verbessert auch die Wirtschaftlichkeit der Anlagen. Entsprechend wird der Zubau von Batteriespeichern – die sogenannte Co-Location – gerade für Betreibende von Solaranlagen immer attraktiver. Bei der Ausgestaltung einer Co-Location gibt es allerdings einiges zu berücksichtigen, was sich wiederum in einem farbenfrohen Terminologie-Spektrum ausdrückt.
Immer häufiger sorgen sonnige Tage für trübe Stimmung – an den Strombörsen und bei den Betreiber_innen von Solaranlagen: Denn wenn viel Solarstrom ins Netz fließt, fallen die Preise immer öfter in den negativen Bereich. Das drückt nicht nur den Marktwert von Solarstrom, sondern kann unter Umständen auch die EEG-Marktprämie kosten.
Eine mögliche Lösung? Der Zubau eines Speichers am Netzanschlusspunkt der Solaranlage – die sogenannte Co-Location. Damit lässt sich die Einspeisung an den Preisen des Strommarktes ausrichten: Strom wird nur bei hohen Börsenpreisen eingespeist, bei niedrigen oder negativen Preisen landet er im Speicher. Je nach Setup sind auch weitere Geschäftsmodelle wie Arbitrage und die umfangreiche Teilnahme an den Regelleistungsmärken möglich.
Bei der Umsetzung eines Co-Location-Projekts gibt es verschiedene regulatorische Wege – und die unterscheiden sich nicht nur im Wording, sondern auch in der Vermarktung deutlich.
Bei dieser Variante wird ein Speicher zu einer bestehende PV-Anlage zugebaut – und zwar so, dass er nur mit Solarstrom geladen wird. Der Vorteil: Der gespeicherte Strom bleibt „grün“ und ist weiter förderfähig nach EEG. Außerdem ist diese sogenannte „CoLo Grün“ rechtlich unkompliziert umzusetzen.
Der Haken: Ohne Netzstrombezug sind die Einsatzmöglichkeiten begrenzt – und damit auch die potenziellen Einnahmen.
Wie der Name schon sagt, nutzt die „CoLo Grau“ nicht nur Solarstrom, sondern lädt den Speicher auch mit Strom aus dem Netz. Das macht die Anlage flexibler, erhöht die Erlöse und ermöglicht sogar die Teilnahme am Regelenergiemarkt. Bei dieser Art von Anlagenkombination kann der Speicher als Stand-Alone betrachtet werden, welcher aufgrund der Teilung des Netzanschlusses mit der PV-Anlage jedoch größere Restriktionen auferliegen.
Der Nachteil: Der gespeicherte Strom gilt nicht mehr als „grün“ und verliert damit die EEG-Förderung (Graustromspeicher). Außerdem ist ein aufwendigeres Messkonzept erforderlich, um PV-Anlage und Speicher sauber voneinander zu trennen.
Ab Mitte 2026 wird voraussichtlich eine Kombination der Vorteile aus CoLo Grün und Grau möglich werden – mit einem sogenannten Multi-Use Speicher nach §19 Absatz 3b EEG. Unter bestimmten Bedingungen darf der Speicher dann auch Netzstrom aufnehmen – ohne dass der gespeicherte Solarstrom seine Grünstrom-Qualität verliert.
Im Unterschied zu den Co-Location-Modellen, bei denen ein Speicher zu einer bestehenden PV-Anlage ergänzt wird, setzt die Innovationsausschreibung nach EEG § 39 auf neue, systemdienliche Gesamtlösungen. Gefördert werden Projekte, die innovative Technologien – wie die Kombination aus PV und Speicher – integrieren und zur Netzstabilität beitragen.
Die Teilnahme läuft über ein Ausschreibungsverfahren, das zweimal jährlich stattfindet. Wichtig: Wie bei CoLo Grün Green darf auch hier kein Strom aus dem Netz bezogen werden.
Last, but not least: das Konzept der „Cross- Market Optimierung”. Cross-Market (auch genannt Multi-Market, X-Market) steht für die gleichzeitige Teilnahme an mehreren Strommärkten. So können Batteriespeicher nicht nur im Day-Ahead- und Intraday-Markt der Epex Spot eingesetzt werden, sondern auch auf dem Regelenergiemarkt Kapazitätsreserven & Leistung bereitstellen. Diese ruft der Netzbetreiber dann ab, wenn unerwartet weniger Erzeugung vorlag als angenommen oder wenn überraschend mehr Strom ins Netz geflossen ist als prognostiziert wurde. Relevant ist das Konzept der Cross-Market Optimierung vor allem bei Stand-Alone Speichern.
Ziel der Cross-Market-Optimierung ist es, die Flexibilität des Speichers optimal zu nutzen und durch die Diversifizierung der Vermarktungskanäle die Erlöse zu maximieren. Gleichzeitig findet auch eine Risikostreuung statt, da Schwankungen des einen Marktes durch andere kompensiert werden können.
Die Entwicklung und Umsetzung von Cross- Market Strategien ist technisch und regulatorisch anspruchsvoll und erfordert die Zusammenarbeit mit einem erfahrenen Vermarkter. So ist etwa für die Bereitstellung von Regelenergie nicht nur ein spezifischer Marktzugang erforderlich, vor dem Einsatz muss die Batterie auch ein Präqualifizierungsverfahren durchlaufen, um ihre technische Eignung unter Beweis zu stellen.
Für eine erfolgreiche Vermarktung an mehreren Handelsplätzen müssen außerdem Strompreise, Abrufwahrscheinlichkeit und Netzlasten verlässlich prognostiziert werden, um den Einsatz des Batteriespeichers bestmöglich zu koordinieren. Dies wiederum erfordert dann auch ein komplexes SOC-Management (SOC = State of Charge, gemeint ist also die Verwaltung des Speicherfüllstandes) unter Berücksichtigung der technischen Restriktionen wie Zyklen, als auch den regulatorischen Vorgaben der ÜNBs.
Batteriespeicher erweisen sich als echte Multitalente für den kombinierten Einsatz mit Erneuerbaren Energien. Sie können im Rahmen einer bedarfsorientierte Einspeisung das Stromsystem entlasten, indem sie Einspeisepeaks reduzieren und Angebot und Nachfrage besser in Einklang bringen. Auf diese Weise sind sie auch eine wertvolle Zubau-Option für Betreiberinnen und Betreiber, um sinkenden Erlösen in der Direktvermarktung entgegenzuwirken. Zumindest dann, wenn es gelungen ist, in der Fülle der Terminologien das individuell passende Vermarktungskonzept zu finden. Falls Sie Ihr BESS Case Szenario entwickeln möchten, supporten wir Sie gerne rund um die Vermarktung Ihres Batteriespeichers.
Hinweis: Next Kraftwerke übernimmt keine Gewähr für die Vollständigkeit, Richtigkeit und Aktualität der Angaben. Der vorliegende Beitrag dient lediglich der Information und ersetzt keine individuelle Rechtsberatung.
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